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Zur Geschichte der evangelischen Pfarrkirche zu Höchst

Die Kirche in Höchst gehört zum Gebäudekomplex des ehemaligen Klosters Höchst. Sie steht auf einer kleinen Anhöhe, dem Kirchberg.

Höchst hatte schon eine ältere Kirche, die Klosterkirche genannt wurde. Diese alte romanische Kirche, von der nur noch der Turm steht, ist zusammen mit dem Kloster, seinen Mauern und denen des alten Friedhofs, sowie dem mit Schießscharten versehenen Turm der Probstei als eine recht beachtliche mittelalterliche Wehranlage anzusehen. Sie liegt in günstiger Ortslage zwischen 160-170 Meter Höhenlinien am Südhang des Schorschberges und damit höher als das Dorf, das sicherlich im Anschluss an die Klostersiedlung entstand. Die frühere Kirche ist wahrscheinlich mit dem Augustinerinnen-Kloster erbaut worden. Der Erbauer dürfte der Abt von Fulda gewesen sein. Der alte wuchtige und massive Turm, der noch deutlich den romanischen Baustil trägt, war zugleich Verteidigungsanlage. Der Eingang zum Turm, der sich auf der Westseite befindet, wurde erst später eingebrochen. Bei einer Außenerneuerung der Kirche kam auf der Südseite des Turmes über dem stützenden Pfeiler eine zugemauerte Tür zum Vorschein. Diese Tür konnte nur mit Leitern erreicht werden und war in Kriegszeiten eine sichere Zuflucht für die Bewohner.

Die alte Kirche war in der Hauptsache Mess- und Wallfahrtskirche. Sie hatte fünf Altäre, die verschiedenen Heiligen geweiht waren, während die Kirche selbst „Unserer lieben Frau“ geweiht war. Aus der Klosterzeit stammt auch noch die kleinste Glocke im Turm, die die Jahreszahl 1453 und die halb lateinische, halb deutsche Inschrift trägt: „Rex gloriae veni cum pace – Maria hilf uns in dein Reich“. Der lateinische Text heißt in der deutschen Übersetzung: „König der Ehre, komme in Frieden“.

Ebenfalls aus der alten Kirche stammen drei der Grabsteine, die später in der Eingangshalle des Turmes eingemauert wurden. Auch das gotische Kreuzgewölbe wurde erst später eingefügt. Der älteste Grabstein ist der des Otto Grafen von Waldeck, der im Jahre 1310 im jugendlichen Alter auf der Breuburg verstarb und in der hiesigen Kirche begraben wurde. Der zweite Stein zeigt eine schmale Mannesgestalt in priesterlicher Kleidung, das Haupt von „Minnesängerlocken“ umgeben und die Hände über dem Abendmahlskelch gefaltet. Es ist der am 17. September 1336 verstorbene Dekanus Krafto. Der dritte Grabstein zeigt eine Frau im Nonnengewand, die Meisterin des hiesigen Klosters, Ida von Erbach, die im Jahre 1345 verstorben ist.

In den Jahren 1566 - 1568 wurde die heutige Kirche an den alten Turm angebaut. Die alte Kirche war durch Brand schwer beschädigt und ganz verfallen. Im September (?) war die Kirche im Rohbau fertiggestellt und wurde laut „Akkord“ vom Bensheimer Tünchermeister Gabriel Fischer getüncht. 1569 war die „neue“ Kirche vollendet. Im Jahr 1569 erhielt Höchst den ersten evangelischen Pfarrer. Bis dahin war das ganze Kirchspiel nach Sandbach eingepfarrt worden, wo schon in den 20er Jahrendes 16. Jahrhunderts „evangelisch“ gepredigt wurde.

Der erste evangelische Pfarrer zu Höchst hieß Johannes Würzburger und kam aus Weimar in Thüringen. Er war 18 Jahre als Pfarrer tätig. Er wurde in der neuen Kirche begraben, sein Grabstein liegt unter dem Kanzelfuß. Seine Frau und seine Kinder setzten ihm ein besonderes Denkmal, das ebenso wie noch zwei andere Pfarrdenkmäler in der Sakristei in die Wand eingemauert ist.

Das Langhaus (Kirchenschiff) der neuen Kirche ist im inneren von einer Flachdecke überspannt. Drei starke Sandsteinsäulen stützten den gesamten Dachstuhl mit Fruchtspeicher. Im Jahre 1936, anlässlich einer Renovierung, wurde die mittlere Säule abgebrochen und durch eine Balkenkonstruktion im Dachstuhl ersetzt. Dies wirkt sich günstig für den gesamten Gottesdienst aus, da die Steinsäulen sehr störend waren.

Auf der hinteren Empore, die sehr schwerfällig wirkt, befindet sich die reichverzierte, klangvolle Barockorgel. Sie wurde von dem aus Lohr am Main stammenden Orgelbauer Johann Peter Schleif (oder Schleich) im Jahre 1718 - 1719 erbaut und aufgerichtet. Nach mehreren Reparaturen wurde das Orgelwerk 1958 von der Firma Walcker erneuert. Der Prospekt (Gehäuse und die vorderen, sichtbaren Pfeifen) aus dem Jahre 1718 ist erhalten geblieben. Die heutige Ausstattung der Kirche stammt mit Ausnahme des einfach ornamentierten Taufbeckens, das der Klosterverwalter Jakob Tulschack gestiftet hatte, erst aus der Zeit nach dem 30-jährigen Krieg. Das erste Kind war am 16 Juni 1611 an diesem Taufbecken getauft worden, ein Söhnlein des Nicolaus Eisenhauer und seiner Ehefrau Elisabetha, Witwe des verstorbenen Centgrafen Philipp Strüders zu Höchst.

Die Baupflicht an der Höchster Kirche hatte schon in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts der „Höchster Klosterfond“. Im „Inventarium“ von 1831 wird über die Kirche und die Baupflicht an ihr mitgeteilt: „Die Kirche zu Höchst wird von dem Höchster Klosterfond gebaut und von demselben unterhalten und ist im Jahre 1566 von Steinen ganz neu aufgebaut worden.“

Die Höchster Pfarrkirche ist der älteste nachweisbare Kirchenbau des Odenwaldes und als solcher von besonderer entwicklungsgeschichtlicher Bedeutung. Möge diese Kirche noch lange ein Ort der Erbauung und des starken Glaubens sein.
(bearbeitet von Richard Seibold, Gemeindearchivar)

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